Milchmädchenrechnung – Der Blick fürs Ganze

Oftmals beruhige ich mich selbst damit, dass ich möglicherweise gar nicht über den entsprechenden Weitblick verfüge. Mir fehlen oftmals Hintergrundinformationen und zum Beispiel belegbare Zahlen. Was aber Bundesverkehrsminister Scheuer wieder vom Stapel gelassen hat, wundert mich doch sehr.
Der Umwelt zuliebe Autos aus den heimischen Städten zu verbannen, damit sie dann im Ausland in anderen Städten rumstinken, ist doch eine Milchmädchenrechnung und eine Beruhigung des eigenen Umweltgewissens auf Kosten anderer.

Er, der die Autoindustrie bevorzugt wo es nur geht, will jetzt die Autohersteller in die Pflicht nehmen. Interessante Wendung! Die Hersteller, die betrogen und gelogen haben dass sich die Balken biegen, werden nun doch zur Rechenschaft gezogen? Nun, nicht wirklich. Scheuer kurbelt unter dem grünen Deckmantel des Umweltschutzes den Autoabsatz an und beschert den Betrügern wieder gute Geschäfte.

In der Pflicht

Scheuer sieht die Hersteller in der Pflicht, sie müssten den Kunden entgegen kommen und „alte“ Dieselfahrzeuge zu guten Preisen in Zahlung nehmen. Was ist denn ein „altes Fahrzeug“?
Ein Neuwagen kostet ganz schnell mal ein ganzes Jahresgehalt und mehr, folglich kann sich nicht jeder ein „aktuelles“ Auto leisten bzw. müssen die Fahrzeuge finanziert werden. Dem entsprechend sollte ein Auto eigentlich viele Jahre im Gebrauch sein können und nicht schon nach zwei, drei Jahren überholt sein. Gemeint sind aber offensichtlich nur wenige Jahre alte Autos, die nicht der Euro-6-Norm entsprechen.

Hauptsache aus unseren Städten raus

Was passiert denn mit den Autos, welche die Hersteller in Zahlung nehmen? Einen „guten Gebrauchten“ kann man in Deutschland ja nicht mehr verkaufen, der darf ja nicht in zunehmend mehr Innenstädte. Ganz einfach, sie werden ins Ausland verkauft. Dort fahren sie munter weiter und stoßen die gleichen Schadstoffe aus wie bisher auch – nur halt nicht in unseren Städten. Herr Scheuer, das ist aber der gleiche Planet, die gleiche Atmosphäre!
Und damit nicht genug, es sollen ja fleißig neue Autos produziert und verkauft werden – by the way: von den gleichen Betrügern, welche die alten Autos gebaut haben – und die Produktion von neuen Fahrzeugen kostet viele Rohstoffe und eine Menge Energie. Unterm Strich bedeutet das doch, dass die Umwelt um ein Vielfaches dessen belastet wird als was es zu vermeiden galt. Hauptsache das eigene Gewissen ist beruhigt und das Problem der Luftschadstoffe in den Städten ist vermeintlich gelöst.
Das ist doch prima, werden die Schadstoffe halt ganz woanders ausgestoßen. Zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Die einheimische Autoindustrie unterstützt und weniger Schadstoffe in den Städten.

Der Verbraucher zahlt

Eine Lösung wäre ja, die „alten“ Autos mit, im Verhältnis zu einem Neuwagen, wenigen finanziellen Mitteln aufzurüsten und Euro-6-tauglich zu machen. Das würde aber wahrscheinlich bedeuten, dass die Hersteller viel Geld in die Hand nehmen müssten, um dem Verbraucher das zu liefern, was er eigentlich gekauft bzw. erwartet hat. Da wird der Spieß lieber umgedreht. Soll sich doch der Verbraucher ein neues Auto kaufen, da haben die Hersteller viel mehr von. Das ist ja schließlich gut für unsere Umwelt! … und das Portemonnaie der Vorstände.

Stellräder

Herr Scheuer, drehen Sie doch einfach mal an anderen Stellrädern. Bundeseinheitliches Tempolimit auf Autobahnen, bessere Fahrradinfrastruktur, Förderung des Schienenverkehrs sowie moderne Verkehrskonzepte für die Innenstädte und Ballungszentren. Das ist gut für die Umwelt.
Ach so, Sie meinen, das kostet zu viel und Sie fallen nach Ihrer Zeit als Verkehrsminister nicht in das weiche Netz der Autolobby? In Ordnung, das kann ich verstehen.

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